Ein Gespräch im Sommer 1997

EIN PANNONE SEIN
 
Was ist der pannonische Hochstand, wo fanden Sie ihn?
 
Seit vielen Jahren fahre ich nach Pannonien, von Wien kommend, über das Leithagebirge zum Neusiedlersee. Jenseits von St. Margarethen, von einer letzten Hügelkette aus, öffnet sich dem Auge das weite, flache Uferland des pannonischen Meeres: Schilffelder und Weinanbauflächen, ockerfarben und
maigrün je nach Jahreszeit - und mittendrin ein Hochstand, auf der Grenze zwischen Wein und Schilf. Der hat es mir angetan. Ich stieg hinauf und hatte eine Übersicht über die Weite der Gegend.

Was ist PANNONISCH?
 
PANNONISCH ist für mich eine Metapher für Beziehungen: das Reed auf meinem Hausdach am Rande des Teufelsmoores ist in Pannonien gewachsen, ökologische Bedingungen, zum Beispiel für Störche, sind in beiden Gegenden ähnlich gewesen - das sind zwei sachliche Argumente. Das Hinausschauen über das Gewohnte von einem eher wackeligen Gerüst ist mir ein Sinnbild für die Kunst. In schwindelnder Höhe Neben- und Quergedanken haben, assoziieren, auf ungewohnte Perspektiven und Zusammenhänge stoßen, auch neue Nachbarschaften stiften zum Beispiel von Materialien, Farben (zum Beispiel Seidenpapier,
die Farbe Indigo, Eibenholz...) mit einem Wort alles, was sich eignet, poetische Beziehungen einzugehen, das ist PANNONISCH. Aber es ist auch noch etwas anderes, etwas, was man nicht erklären muß.


Die ursprünglichen Funktionen eines Hochstandes dienen der Grenzabsicherung und der Jagd. Haben Sie in Zusammenhang mit Ihrem Hochstand auch daran gedacht?
 
Natürlich habe ich daran gedacht, aber ich habe von Anfang an darüber hinaus gedacht. Verfolgung, Abgrenzung und Tötung kann man vom Menschsein nicht einfach ausklammern. Die Ereignisse von 1989, als Bürgerinnen der damaligen DDR ihr Land unter schrecklichen Umständen über Ungarns, Österreichs und damit Pannoniens Grenzen verließen, um in den Westen gelangen zu können, verstärkten meinen Wunsch, in meiner pannonischen Kunst den Grundgedanken von Freiheit und Individualität einen besonderen Ausdruck zu verleihen.
 
Seit wann arbeiten Sie am pannonischen Hochstand?
 
Im Frühjahr 1990 bin ich dem Hochstand in Pannonien erstmals begegnet. Es war die Liebe auf den ersten Blick. Meine damals aktuelle Kunst, hauptsächlich Malerei und Radierung, auch Objekte und Collagen, hatte sich mit dem Problem der Balance zwischen Abbildlichkeit und autonomer Malerei befasst. Der PANNONISCHE Hochstand hat die Perspektive wesentlich verändert. Ich hatte plötzlich ein Thema, aber kein literarisches oder politisches oder sonst irgendwie zeitgeistiges, sondern so etwas wie einen roten Faden, der mir geeignet erschien, mich durch das Labyrinth der unendlichen Möglichkeiten zu führen.
 
 
Welche Inspirationen beziehen Sie vom PANNONISCHEN Hochstand?
 
Die meisten Requisiten, Inspirationen, waren schon vorher im Spiel, aber durch den Hochstand hat es sozusagen seinen Ort gefunden. Jeder Mensch braucht einen inneren Ort, aber es wird immer schwieriger, einen zu finden. Immer schon hat mich das Prinzip der „Russischen Puppe" interessiert, aber ein Hochstand im Hochstand im Hochstand... ist eben nicht irgendetwas. Oder 1+1=3, womit ich meine, dass ein Lolli mit Eibenstab ein übergeordnetes Neues ergibt und mehr ist als die Summe der Ingredienzien. Oder ein Schmuckschächtelchen mit Beton gefüllt, in den ein Hochstand geritzt oder ein Lolli eingelegt wird...
Die erste Mütze dieser Art ist bereits 1974 entstanden, aber durch den PANNONISCHEN Kontext hat sie ihre wahre Adelung erfahren. Mütze, Seidenpapier, die Farbe Indigo, Stäbe für ein Hochstandmodell, Stempel und Kissen (PANNONISCH), Eibenholz usw. in einem Holzkoffer sind unverzichtbare Requisiten eines PANNONEN, wenn er oder sie zu Werke zieht. Sie sehen, dass jeder, der sich derartig wappnet, sein Pannonien finden kann, wenn er oder sie den Funken empfan-
gen hat. Dabei entscheidet jeder selbst, welche Dinge aus seinem Kenntnis- und Erfahrungszusammenhang wichtig und geeignet sind.
 

Nun sind Lollis Ihr Hauptding geworden.

 

Die Lollis haben sich 1993 über abgenutzte Teigschaber, die mich an Hochstände erinnerten, notwendig eingereiht. Sie sind seitdem Hauptgegenstand meines Schaffens als Skulpturen, Installationselemente, in Radierungen...

 

Wenn ein Lolli Sie an einen Hochstand erinnert, denken Sie bei allen Vorkommnissen in der Welt an Hochstände?

 

So rigoros sicher nicht. Das Auswählen, das scheinbar zufällige Zusammentreffen von Qualitäten und Hintergründen, auch das Verwerfen, wenn eine Entscheidung sich als nicht tragfähig erweist, da nicht PANNONISCH, machen die Prozesse spannend und wohltuend, aber auch zweiflerisch und mühsam.

 

Wieviele Lollis haben Sie geschaffen und wie viele PANNONISCHE Mützen?

 

Ich habe die Lollis nicht gezählt, aber es werden einige tausend sein. Kleinste aus Ton, mittlere aus Seidenpapier, aus Fallschirmseide mit verschiedensten Füllmaterialien, große aus Fallschirmseide, auf Eibenholz montiert, aus Eisenblech usw.. Auch die pannonischen Mützen habe ich nie gezählt, es sind gewiß einige hundert. Einige befinden sich im Besitz werdender PANNONEN.

EIN PANNONE SEIN
 
Was ist der pannonische Hochstand, wo fanden Sie ihn?
 
Seit vielen Jahren fahre ich nach Pannonien, von Wien kommend, über das Leithagebirge zum Neusiedlersee. Jenseits von St. Margarethen, von einer letzten Hügelkette aus, öffnet sich dem Auge das weite, flache Uferland des pannonischen Meeres: Schilffelder und Weinanbauflächen, ockerfarben und
maigrün je nach Jahreszeit - und mittendrin ein Hochstand, auf der Grenze zwischen Wein und Schilf. Der hat es mir angetan. Ich stieg hinauf und hatte eine Übersicht über die Weite der Gegend,
 
Was ist PANNONISCH?
 
PANNONISCH ist für mich eine Metapher für Beziehungen: das Reed auf meinem Hausdach am Rande des Teufelsmoores ist in Pannonien gewachsen, ökologische Bedingungen, zum Beispiel für Störche, sind in beiden Gegenden ähnlich gewesen - das sind zwei sachliche Argumente. Das Hinausschauen über das Gewohnte von einem eher wackeligen Gerüst ist mir ein Sinnbild für die Kunst. In schwindelnder Höhe Neben- und Quergedanken haben, assoziieren, auf ungewohnte Perspektiven und Zusammenhänge stoßen, auch neue Nachbarschaften stiften zum Beispiel von Materialien, Farben (zum Beispiel Seidenpapier,
die Farbe Indigo, Eibenholz...) mit einem Wort alles, was sich eignet, poetische Beziehungen einzugehen, das ist PANNONISCH. Aber es ist auch noch etwas anderes, etwas, was man nicht erklären muß.


Die ursprünglichen Funktionen eines Hochstandes dienen der Grenzabsicherung und der Jagd. Haben Sie in Zusammenhang mit Ihrem Hochstand auch daran gedacht?
 
Natürlich habe ich daran gedacht, aber ich habe von Anfang an darüber hinaus gedacht. Verfolgung, Abgrenzung und Tötung kann man vom Menschsein nicht einfach ausklammern. Die Ereignisse von 1989, als Bürgerinnen der damaligen DDR ihr Land unter schrecklichen Umständen über Ungarns, Österreichs und damit Pannoniens Grenzen verließen, um in den Westen gelangen zu können, verstärkten meinen Wunsch, in meiner pannonischen Kunst den Grundgedanken von Freiheit und Individualität einen besonderen Ausdruck zu verleihen.
 
Seit wann arbeiten Sie am pannonischen Hochstand?
 
Im Frühjahr 1990 bin ich dem Hochstand in Pannonien erstmals begegnet. Es war die Liebe auf den ersten Blick. Meine damals aktuelle Kunst, hauptsächlich Malerei und Radierung, auch Objekte und Collagen, hatte sich mit dem Problem der Balance zwischen Abbildlichkeit und autonomer Malerei befasst. Der PANNONISCHE Hochstand hat die Perspektive wesentlich verändert. Ich hatte plötzlich ein Thema, aber kein literarisches oder politisches oder sonst irgendwie zeitgeistiges, sondern so etwas wie einen roten Faden, der mir geeignet erschien, mich durch das Labyrinth der unendlichen Möglichkeiten zu führen.
 
 
Welche Inspirationen beziehen Sie vom PANNONISCHEN Hochstand?
 
Die meisten Requisiten, Inspirationen, waren schon vorher im Spiel, aber durch den Hochstand hat es sozusagen seinen Ort gefunden. Jeder Mensch braucht einen inneren Ort, aber es wird immer schwieriger, einen zu finden. Immer schon hat mich das Prinzip der „Russischen Puppe" interessiert, aber ein Hochstand im Hochstand im Hochstand... ist eben nicht irgendetwas. Oder 1+1=3, womit ich meine, dass ein Lolli mit Eibenstab ein übergeordnetes Neues ergibt und mehr ist als die Summe der Ingredienzien. Oder ein Schmuckschächtelchen mit Beton gefüllt, in den ein Hochstand geritzt oder ein Lolli eingelegt wird...
Die erste Mütze dieser Art ist bereits 1974 entstanden, aber durch den PANNONISCHEN Kontext hat sie ihre wahre Adelung erfahren. Mütze, Seidenpapier, die Farbe Indigo, Stäbe für ein Hochstandmodell, Stempel und Kissen (PANNONISCH), Eibenholz usw. in einem Holzkoffer sind unverzichtbare Requisiten eines PANNONEN, wenn er oder sie zu Werke zieht. Sie sehen, dass jeder, der sich derartig wappnet, sein Pannonien finden kann, wenn er oder sie den Funken empfan-
gen hat. Dabei entscheidet jeder selbst, welche Dinge aus seinem Kenntnis- und Erfahrungszusammenhang wichtig und geeignet sind.
 
Nun sind Lollis Ihr Hauptding geworden.
 
Die Lollis haben sich 1993 über abgenutzte Teigschaber, die mich an Hochstände erinnerten, notwendig eingereiht. Sie sind seitdem Hauptgegenstand meines Schaffens als Skulpturen, Installationselemente, in Radierungen...
 
Wenn ein Lolli Sie an einen Hochstand erinnert, denken Sie bei allen Vorkommnissen in der Welt an Hochstände?
 
So rigoros sicher nicht. Das Auswählen, das scheinbar zufällige Zusammentreffen von Qualitäten und Hintergründen, auch das Verwerfen, wenn eine Entscheidung sich als nicht tragfähig erweist, da nicht PANNONISCH, machen die Prozesse spannend und wohltuend, aber auch zweiflerisch und mühsam.
 
Wieviele Lollis haben Sie geschaffen und wie viele PANNONISCHE Mützen?
 
Ich habe die Lollis nicht gezählt, aber es werden einige tausend sein. Kleinste aus Ton, mittlere aus Seidenpapier, aus Fallschirmseide mit verschiedensten Füllmaterialien, große aus Fallschirmseide, auf Eibenholz montiert, aus Eisenblech usw.. Auch die pannonischen Mützen habe ich nie gezählt, es sind gewiß einige hundert. Einige befinden sich im Besitz werdender PANNONEN.
 
Haben Sie manchmal das Gefühl, dass Sie verrückt sind?
 
Natürlich bin ich ver-rückt. Es wäre schrecklich für mich, wenn ich mich im Wahnsinn der Normalität aufhalten müsste.
 
Wann arbeiten Sie? Und wann schlafen Sie? Und was träumen Sie? Vom Hochstand?
 
Ich arbeite gerne in die Nacht hinein bis in den werdenden Tag. Ich arbeite schubweise, denn manche Vorgänge kann ich nicht unterbre-
chen. Dann aber schlafe ich wieder. Was ich träume sage ich nicht.
 
Wenn alle Menschen einen Hochstand hätten, wären sie dann glücklicher?
 
Allein durch den Besitz sicher nicht, aber denkbar ist, daß viele Menschen weniger unglücklich wären, wenn ihr Leben durch ein zweckfreies Handeln bereichert wäre...